Chronik des Bayer. Inngau-Trachtenverbandes e.V.

 

Gründung 1903

Wiederholt hatten sich zu Beginn des vorigen Jahrhunderts die Trachtenvereine am oberen Inn bemüht, auch einmal das Gaufest zu bekommen, aber bei den Abstimmungen gab es dafür nie eine Mehrheit. Das Gaufest ist ja bis heute ein Höhepunkt im Jahreslauf geblieben, so fühlten sich die Inntalvereine zu Recht benachteiligt. Der Rosenheimer Flori Waroschitz lud deshalb fü den 20. September 1903 die am Inn gelegenen Vereine aus Tirol und Bayern zu einer Versammlung in das Gasthaus „Gräfin-Garten“ in Kufstein ein. Aus Tirol kamen: Innsbruck-Pradl, Kufstein Stamm und Kufstein II „Koasara“, Schwoich und Westendorf. Von der bayerischen Seite waren gekommen: „Griabinga“ Rosenheim (jetzt „Alt-Rosenheim“), „Riesenkopf“ Degerndorf, „Luegstoana“ Oberaudorf und „Inntaler“ Griesstätt. 

Nach einer sehr regen Aussprache kam es gleich zur Gründung des Gauverbandes und man gab sich den Namen: „Tirolerisch-bayerischer Inngauverband“.

Folgende Vorstandschaft wurde gewählt:
1. Vorstand: Flori Waroschitz, Rosenheim
2. Vorstand: Josef Lucki, Kufstein
Kassier: Johann Resch, Oberaudorf
Schriftführer: Josef Martinstetter, Innsbruck

An den Anfang des lückenlos vorhandenen Protokolls schrieb Josef Martinstetter folgende Einleitung, die auch heute noch Gültigkeit hat:
„Sitt und Tracht der Alten wollen wir erhalten, mit diesen Worten wollen wir ins Leben treten und es ist unsere höchste Pflicht, die Trachten, Sitten, Gebräuche und die Sprache unserer Vorfahren zu pflegen und dem Modetum Einhalt zu bieten. Wir brauchen uns der Tracht der Vorfahren nicht zu schämen, die sie getragen haben in den Tagen der Freude und auch des Leides. Möge es die Zukunft ermöglichen, mit vereinten Kräften dem fressenden Übel der übertriebenen Mode eine feste Mark gegenüberzustellen“

Beim ersten Preisplattln in Innsbruck gab es schon die ersten Reibereien, als sich die „Koasara“ weigerten, den üblichen Einsatz zu bezahlen und deshalb wieder aus dem Gauverband austraten. Dies dürfte auch der Grund gewesen sein, dass das erste Gaufest nicht wie vorgesehen in Kufstein, sondern 1904 in Oberaudorf stattfand.
 

Trennung 1905

In der Folge kam es immer öfters zu Meinungsverschiedenheiten mit den Tiroler Vereinen. Deshalb berief Gauvorstand Waroschitz am 12. November 1905 eine außerordentliche Versammlung in den Mail-Keller in Rosenheim ein. Dabei stellte er den Antrag: „Der „Tirolerisch-bayerische Inngauverband“  soll aufgelöst werden und sofort der "Bayerische Inngauverband" gegründet werden.“Der Versuch eines grenzübergreifenden Trachtenverbandes war somit gescheitert. 

In der Öffentlichkeit die gewünschte Anerkennung zu finden war damals schwer, deshalb heißt es im Gauprotokoll beim dritten Gaufest in Rosenheim am 02.August 1906: „Kein einziges Haus war geschmückt oder beflaggt“. Im Jahre 1907 gehörten neun Vereine dem Gauverband an. Zu dieser Zeit wurde angeregt, „Deandl in die Vereine aufzunehmen, damit die Trachtensache besser vorankommt“.

In den Gauversammlungen ging es damals recht lebhaft zu, und die Verbandsgeschichte ist geprägt von Vereinsbeitritten, aber auch –austritten und Wiedereintritten. Das Gaugebiet hatte sich inzwischen auch auf das Mangfalltal ausgeweitet, mehrere Münchner Vereine waren ebenfalls Mitglied im Verband.

Bereits bei der Gauversammlung am 01. März 1914 ermahnte Gauvorstand Neureuther seine Trachtler: „Übernehmt nicht die veränderten Grußformen, sondern bleibt beim überlieferten “Grüß Gott“!“. Dies ist für Jahre der letzte Eintrag in das Protokollbuch, denn mit Ausbruch des 1.Weltkrieges erlosch das Leben in den Vereinen und auch im Verband.
 

Wiederbeginn

Am 25. August 1918, also noch vor Ende des Krieges, war die erste Gauversammlung in Rosenheim. Im Jahre 1919 wurde Mathias Krämer aus Rosenheim zum neuen Gauvorstand gewählt. Bei der Fahnenweihe des Landesverbandes für Heimat- und Volkstrachtenvereine in München 1920 übernahm der Inngauverband die Patenschaft, auf ein Gaufest wurde in diesem Jahr wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Lage verzichtet.

Das Jahr 1930 brachte für den Inngau viel Arbeit, galt es doch, den größten Trachtenaufmarsch Deutschlands vorzubereiten. Dieser fand am 17. August in Rosenheim statt. Über 10.000 Trachtlerinnen und Trachtler marschierten beim Festzug durch die Stadt, angeführt vom Inngauverband mit der Raublinger Trachtenkapelle. Schon 1931 wandte sich Toni Grad (Gauvorstand von 1930-1965) gegen die kurzen Haare und Röcke bei den Trachtlerinnen.

Die NS-Machtergreifung hatte natürlich auch auf unsere Kultur Auswirkungen: beim Gaufest 1938 in Aibling gab es keinen Festgottesdienst mehr, stattdessen wurde zum Trauerakt ans Kriegerdenkmal marschiert. Jedoch, es kam viel schlimmer. Mit dem Eintrag: „Das Preisplattln in Nicklheim am 27. August 1939 musste wegen Mobilmachung abgesagt werden“ enden für sieben Jahre die Eintragungen im Gauprotokoll

 

Erneuter Auftakt

Als sich in den Vereinen wieder etwas zu rühren begann, traf sich auf Einladung von Sepp März die Gauvorstandschaft erstmals nach dem Krieg am 09. Mai 1946 mit einigen Vereinsvorständen, um auch das Gauleben wieder anzukurbeln. Durch den Einsatz der Älteren – die bisherige Gauvorstandschaft wurde wieder eingesetzt – und dem Eifer der Jugend kam langsam wieder Schwung in die Trachtensache. In den Jahren 1947 bis 1952 gründeten sich im Einzugsgebiet des Inngauverbandes zehn neue Trachtenvereine. Das erste Gaufest nach dem unseligen Krieg wurde 1949 in Oberaudorf abgehalten.

1955 gingen die Trachtlerinnen und Trachtler erstmals nach Schwarzlack wallfahren, was zu einem festen Bestandteil des Gaulebens geworden ist. Die fünfziger Jahre waren für die Trachtler geprägt mit dem Niederhalten des aufkommenden Amerikanismus und den heute noch anhaltenden Kämpfen zwischen dem echten unverfälschten Brauchtum und dem sogenannten Volkstümlichen, welches in den damaligen Jahren seinen Anfang nahm.

Zum 50-jährigen Bestehen der Vereinigten Bayerischen Trachtenverbände im Jahre 1975 fand im Aiblinger Kurhaus ein Sänger- und Musikantentreffen und in der Inntalhalle in Rosenheim ein Festabend mit mehreren Gruppen aus dem Inngau statt. Nach zwanzigjähriger Tätigkeit als 1. Gauvorstand trat 1985 Jakl Opperer von seinem Posten zurück und wurde sogleich zum Gauehrenvorstand ernannt. Sein Nachfolger wurde Hans Weigl aus Schönau (bis 1997, jetzt ebenfalls Ehrenvorstand).

 

Die letzten Jahre

Zum Gedenken an Joseph Vogl, den Gründer des ersten Trachtenvereins in Bayrischzell 1883, hat unser Gauverband gemeinsam mit dem Verein „Almarausch“ und der Gemeinde Emmering am 13. Juni 1992 einen Gedenkstein errichtet. Joseph Vogl war gebürtiger Emmeringer, der Stein steht in der Nähe seines Geburtshauses neben der Kirche.

Als erster Verein im Gauverband konnte 1992 „Edelweiß“ Neubeuern sein hundertjähriges Jubiläum feiern, verbunden mit unserem Gaufest. Seit 1993 werden mehrtägige Schulungen für Vorplattler, Jugendleiter und Dirndlvertreterinnen abgehalten. Eine sehr geglückte Einführung, da eine erfolgreiche Jugendarbeit das Fundament für die Weiterführung unserer gemeinsamen Anstrengungen zum Erhalt unserer Tracht und unserer Lebensart ist.

 

Gauchronik erstellt

Pünktlich zum 90-jährigen Gaujubiläum wurde am 29. Juni 1993 im Hans-Schuster-Haus in Rosenheim unsere Gauchronik vorgestellt. Auf 225 Seiten der insgesamt 336 Seiten stellen sich die Gauvereine vor. Weitere Inhalte: die Geschichte des Bayerischen Trachtenverbandes und des Inngauverbandes, die Vorstellung unserer Tracht, des Schuhplattelns, des Volkstanzes, Informationen über die Trachtenjugend, über Volkslied und Volksmusik, Blasmusik, über Theaterspiel, über die Trachtenzeitung und unsere Gauwallfahrt.

Erstmals im Sommer 1996, und seitdem in regelmäßigen Abständen, gestalten die Gaujugendwarte ein Zeltlager für unsere jungen Trachtleer von etwa 14-17 Jahren. Durch diese vereinsübergreifende Zusammenkunft der Jugendlichen lässt sich in den letzten Jahren feststellen, dass der Zusammenhalt in unserem Gauverband unter den jungen Trachtlern erheblich besser wurde.

 

Standartenweihe

Bei der Gauwallfahrt am 16. August 1998 nach Schwarzlack wurde unsere neu geschaffene Gaustandarte vom Ortspfarrer Bielasik geweiht. Als Pate stand uns der Chiemgau-Alpenverband zur Seite, den wir einige Wochen vorher in Marquartstein um die Übernahme der Patenschaft gebeten hatten. Die Standarte zeigt auf der einen Seite das Gauzeichen und die Wappen der vier zum Gaugebiet gehörenden Landkreise sowie der Stadt Rosenheim. Auf der anderen Seite sind die Kirche von Schwarzlack sowie darüber das Gnadenbild der Mutte Gottes abgebildet. Zur Erinnerung an die Standartenweihe pflanzten die „Gauoberen“ vor dem Schwarzlack-Kircherl eine Linde

Zum 150. Geburtstag von Lehrer Joseph Vogl feierte der Emmeringer Verein in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Trachtenverband in dessen Geburtsort. Abordnungen aus allen 17 Gauverbänden nahmen am Heimatabend und tags darauf am Festgottesdienst und Festzug teil.

Im September 2000 war der Bayer. Inngau-Trachtenverband wiederum Ausrichter der Landestagung des Bayerischen Trachtenverbandes. Gleichzeitig feierte der Bayer. Trachtenverband sein 75-jähriges Bestehen, das mit einem Festakt im Turner Hölzl begangen wurde. Festrednerin war die damalige bayerische Kultusministerin Monika Hohlmeier.

Die jetzige Gauvorstandschaft setzt sich wie folgt zusammen:

1. Gauvorstand

Georg Schinnagl

G.T.E.V. "Eichenlaub" Schönau

2. Gauvorstand

Pankraz Perfler

G.T.E.V. "Almarausch" Emmering

1. Gaukassier

Markus Kronberger

G.T.E.V. "Riesenkopf" Degerndorf

1. Gauschriftführerin

Rosi Spiel

G.T.E.V. "Bairer Winkler" Antholing

 

 100 Jahre Inngau

Einen solch runden Geburtstag gilt es entsprechend zu feiern. Den Auftakt bildete ein Empfang im Schloss Neubeuern (welches den Mittelpunkt unseres Gauwappens darstellt), bei dem unter Anwesenheit trachtlerischer und politischer Prominenz den Gauvereinen Urkunden als Dank für ihre Treue zum Verband überreicht wurden. Das feine Spiel der Baumgartner Geigenmusi aus Ostermünchen und die gute Betreuung durch die beiden Beurer Vereine ließen diese Veranstaltung zum ersten Höhepunkt des Jubeljahres werden.

„Plattln wia vor 100 Jahr“ war die Vorgabe an mutige Dirndl und Buam, welche sich den gestrengen Laien-Wertungsrichtern stellten (keine Trachtler) und in der Brannenburger Wendelsteinhalle ihre Vorstellungen auf die Bühne brachten, „wias gwen sei kannt“, als der Bua schneidig um das Dirndl tänzerisch geworben hat. Aus mehreren Gauverbänden fanden sich die Teilnehmer zusammen und es hat sowohl ihnen als auch den Zuschauern a große Freid gmacht.

Das Gaufest im Jubiläumsjahr am Sitz des Gauverbandes abzuhalten, das hat natürlich gut zusammengepasst. Noch nie haben sich so viele Trachtlerinnen und Trachtler, Musikkapellen, Festwägen und Kutschen beim Inngaufest getroffen; für die Stadt Rosenheim war es schon beeindruckend, als bei tropischer Hitze genau 4.764 Zugteilnehmer mit 26 Musikkapellen und 36 Gespannen durch die Innstadt zogen. Leider war auch hier wieder festzustellen, dass beim Wiesneinzug ein paar Wochen später doppelt bis dreimal so viele Zuschauer am Straßenrand stehen als bei einem Trachtenfest. Für die „Innviertler“ Rosenheim, welche ebenfalls ihren 100er feierten, war dies ebenso ein großartiges Ereignis wie für alle Teilnehmer, welche auch aus Tirol – aus Gründervereinen des Inngaues – gekommen waren. Eine eigens komponierte Hl. Messe und ein Heimatabend, der die ganze Bandbreite unseres Gaues aufzeigte, rundeten dieses Jubiläumsfest ab.

Die Aula des Raublinger Gymnasiums war der Rahmen für den Abschluss des Jubeljahres. Sänger und Musikanten aus dem Gaugebiet trafen sich, um den Herbst anzusingen oder auch schneidig den heißen Sommer „hinauszuspielen“. Wer keine Zeit hatte, zu kommen, konnte sich einen Teil der Stückl im Radio anhören, da die Veranstaltung vom Bayerischen Rundfunk aufgezeichnet wurde.

Als Publikumsmagnet erwies sich die über zehn Wochen laufende Ausstellung im Rosenheimer Heimatmuseum „Tracht im Inngau – gestern und heute“. Fast 3.000 Besucher (nach Auskunft der Museumsleitung eine der erfolgreichsten Ausstellungen) sahen eine Zusammenstellung des Gewands, wie es einst im Inngau getragen wurde und jetzt wird.

Wir können froh und stolz sein auf den Werdegang der Trachtensache und unseres Bayerischen Inngaus in den letzten hundert Jahren. Wir sind aber auch verpflichtet, unsere Arbeit für unsere Heimat, unsere Tracht und unsere Lebensart im neuen Jahrhundert mit ganzer Kraft fort zu führen und die Jugend für unsere Ideale zu begeistern. Dies wird in unserer neuen globalen Welt bestimmt nicht einfacher werden als es für unsere Vorfahren war.

 Folgende 39 Vereine gehören mit zur Zeit 13.133 Mitgliedern unserem Inngau-Trachtenverband an:

 

1

Altenbeuern

GTEV "Immergrün"

2

Antersdorf

VuGTEV "Edelweiß"

3

Antholing

GTEV "Bairer Winkler"

4

Bad Aibling

GTEV "Edelweiß"

5

Brannnenburg

GTEV "D`Sulzbergla"

6

Bruckmühl

GTEV u. Drama-V. "D`Wendlstoana"

7

Degerndorf

GTEV "Riesenkopf"

8

Emmering

GTEV "Almarausch"

9

Flintsbach

GTEV "D'Falkastoana"

10

Grafing

GTEV "Atteltaler"

11

Großholzhausen

GTEV "D`Sulzbergler"

12

Linden-Hebertsfelden

HuVTV "Lindenthaler"

13

Heufeld

GTEV "D`Mangfalltaler"

14

Hochstätt

GTEV "Almarausch"

15

Kiefersfelden

GTEV "Grenzlandler"

16

Kirchdorf

GTEV "D'Haunpoldler"

17

Kolbermoor

GTEV "D'Mangfalltaler"

18

Lauterbach

GTEV "D'Lindntaler"

19

Mitterskirchen

GTEV "Edelweiß"

 

 

 

20

Neubeuern

VTEV "Edelweiß"

21

Neuötting

GTEV "Edelweiß"

 



 

 

22

Niederaudorf

GTEV "D'Brünnstoana"

23

Nürnberg

GTEV "Inntaler"

24

Nußdorf

GTEV "Alpenrose"

25

Oberaudorf

GTEV "D`Luegstoana"

26

Ostermünchen

GTEV "Almarausch"

27

Pang

GTEV "D`Kaltentaler"

28

Pfaffenhofen

GTEV "Immergrün"

29

Raubling

GTEV "Edelweiß"

30

Rohrdorf

GTEV "Achentaler"

31

Rosenheim

GTEV "Alt-Rosenheim"

32

Rosenheim

GTEV "D'Innviertler"

33

Rott am Inn

GTEV "Inntaler"

34

Schönau

GTEV "Eichenlaub"

35

Simbach

VuGTEV "Inntaler"

36

Steinhöring

GTEV "Die lustigen Ebrachtaler"

37

Straußdorf

GTEV "Voglbergler"

38

Vogtareuth

GTEV "Unterinntaler"

39

Wittibreut

GTEV "Altbachtaler"